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Kölner -Kult-Treff

 
 
 

Interview mit Marianne Rogée
am 29. Mai 2005

Marianne Rogée


 
 
 
Seit fast 20 Jahren spielt Marianne Rogée nun die Isolde Pavarotti, vormals Ponowak, in der Lindenstraße und findet neben der Serie auch immer wieder die Zeit, auch Engagements am Theater, im Rundfunk und als Synchronsprecherin anzunehmen.
 
Wie die Zuschauer reagieren, wenn sie "Frau Pavarotti" auf der Straße treffen und sie privat genauso geschäftstüchtig wie Isolde halten und welchen beruflichen Traum sie sich noch erfüllen möchte, das alles und noch viel mehr erfahrt ihr in unserem großen Interview mit der sympathischen Schauspielerin.
 
 
 
 
 
 
 
 

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und Isolde Pavarotti?
Wenige. Ich meine, Gemeinsamkeiten sind ja nie auszuschließen, weil wir Schauspieler haben, anders als ein Maler oder ein Komponist, kein anderes Medium als unseren Körper, unsere Sprache und unsere Stimme. So ist es natürlich klar, dass es schon einmal diese Gemeinsamkeiten zwischen einem Schauspieler und der Rolle, die man verkörpert, gibt.
 
Was mögen Sie an Ihrer Rolle und was nicht?
Ich mag Isolde, weil sie so selbständig und couragiert ist und auch immer wieder neue Dinge ausprobiert. Das habe ich sehr gern. In der letzten Zeit gab es dann mal so eine Durststrecke, was ich natürlich nicht so gern habe, wenn sie nur Leute fragt: "Wie geht es Ihnen?" Wenn man wenig Handlung hat, das wird man nicht glauben, aber das ist am Schwierigsten zu spielen. Man denkt vielleicht, dass es am Schwierigsten ist ganz dramatisch zu sein. Aber einen belanglosen Dialog zu führen, der keinen besonderen Inhalt hat, das ist schwieriger zu spielen, als einen Wutausbruch oder auch Trauerszenen. Ein richtiges Gefühl zu spielen ist viel einfacher. Es ist zum Beispiel auch sehr viel schwieriger Leute zum Lachen, als sie zum Weinen zu bringen.
 
Sie sind gelernte Industriekauffrau. Wie sind Sie dazu gekommen dann doch noch Schauspielerin zu werden und warum haben Sie den Beruf der Schauspielerin nicht von Anfang an ergriffen?
Das war nicht so einfach. Ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen und wurde mehr oder weniger gezwungen erst einmal einen "anständigen" Beruf zu erlernen. Aber heimlich nebenher habe ich schon die Schauspielschule besucht, aber meinen Pflegeeltern war das überhaupt nicht recht, dass ich Schauspielerin werden wollte. Aber die Frage stellte sich auch gar nicht, denn es gab weder das Geld, noch den Willen, mich das machen zu lassen.
 
Was haben denn Ihre Pflegeeltern gesagt, als sie die Schauspielerrichtung doch eingeschlagen haben und in dem Beruf dann auch erfolgreich waren?
Sie waren eigentlich doch entsetzt und hätten mich lieber in einem bürgerlichen Beruf gesehen.
 
Haben Sie denn nach der Industriekauffrau-Ausbildung überhaupt noch in diesem Beruf gearbeitet?
Doch, das habe ich schon noch gemacht. Ich war in einem Reisebüro in Münster und konnte mir durch das verdiente Geld dann auch die Schauspielausbildung finanzieren.
 
Was machen Sie sonntags um 18.50 Uhr?
Wenn ich zu Hause bin gucke ich natürlich die Lindenstraße. Aber ich kenne natürlich die Drehbücher, so dass ich immer gut informiert bin.
 
Wie schnell lernen Sie Ihren Text?
Es lernt sich nicht jeder Text gleich schnell. Wenn es ein Dialog zwischen zwei Personen ist und man einem Rede und Antwort gibt, ist es natürlich wesentlich einfacher, als wenn man aus sich heraus etwas erzählen und erklären muss. Aber das Textlernen hängt auch von der Tagesform ab.
 
Sie sind jetzt seit 20 Jahren in der Lindenstraße dabei. Haben sie jemals dran gedacht mit der Serie aufzuhören?
Nein, aber ich habe immer gesagt, wenn es mir keinen Spaß mehr macht, dann würde ich aufhören. Ich würde nicht dabei bleiben, nur weil ich weiß, dass ich bei der Serie gut versorgt bin. Dann würde ich lieber etwas anderes machen, denn es ist mein Leben und meine Zeit und die Zeit ist der kostbarste Besitz, den wir haben. Ich spiele ja auch sehr gerne Theater und mache das auch immer wieder zwischendurch. Und sollte es die Lindenstraße einmal nicht mehr geben, werde ich auch wieder was finden, was mir Spaß macht und wovon ich meinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
 
Was war Ihre bisherige Lieblingsszene in der Lindenstraße?
Sehr gerne habe ich damals die Szenen auf Ischia gedreht. Das war natürlich auch wunderschön auf dieser Insel zu sein. Heute kann man ja mit dem Computer jeden Hintergrund herstellen und man fährt nicht mehr unbedingt nach Ischia. Aber damals waren wir dort und es war wunderbar. Die Zeit mit Guido Gagliardi war auch sehr schön dort. Er war in seinem Element: Sein Land, seine Sprache, das Essen, die Leute... Ich habe auch heute noch Kontakt zur Leiterin des dortigen Fremdenverkehrsbüros, obwohl es schon so ewig her ist.
 
Wir haben damals auf Ischia ja auch spannende Szenen gedreht, mit dem Boot aufs Meer Enrico hinterher, dann die vielen Auseinandersetzungen, da Enrico sich ja von Isolde trennen wollte. Ich habe das als besonders schön und spannend in Erinnerung.
 
Aber ich habe auch die Zeit sehr gemocht, als es noch das Casarotti gab, mit vielen spannenden Situationen.
 
Werden Sie häufig auf der Straße angesprochen oder verwechseln Sie die Leute auch mit Isolde Pavarotti und glauben, dass Sie wirklich die Isolde sind?
Ja, ja, das passiert. Ich versuche zu klären, dass alles nicht Wirklichkeit, sondern doch nur ein Film, eine Fernsehsache und nicht das wirkliche Leben ist. Es hat zwar Ähnlichkeit mit dem wirklichen Leben, ist aber nicht wirkliches Leben."
 
Natürlich bin ich aber manchmal auch verblüfft. Ein Ehepaar kam zu mir und sagte: "Wir sind ja so begeistert. Was Sie alles können", da dachte ich: "Was für ein schönes Kompliment..." Und dann sagte der Mann diesen verhängnisvollen Satz: "Und dann führen Sie noch so toll das Restaurant. Aber das wissen Sie ja selber, schließlich war ja jeden Abend das Lokal voll." Und da habe ich nur gedacht: "Verdammt, was sagst Du jetzt?" Dann habe ich zu ihm gesagt: "Nun ja, aber Sie wissen schon, dass es Statisten sind, die da sitzen. Darüber habe ich keine Macht." Mehr wusste ich da nicht zu sagen, denn es ist schon unangenehm jemandem zu sagen, dass er nicht durchblickt.
 
Ich hatte zum Beispiel auch häufiger Fanpost von Männern, die mir dann schrieben, dass sie ein Geschäft haben und sich sehr gewünscht hätten, mich kennengelernt zu haben, denn mit einer Geschäftsfrau wie mich an der Seite wäre natürlich alles wunderbar gelaufen. Da verwechseln einen die Zuschauer manchmal schon und denken, ich wäre so unglaublich selbstbewusst und durchsetzungsfähig. Dabei ist die Marianne sehr weit entfernt von der Isolde.
 
Lesen Sie sich auch Zuschauerkritik durch und nehmen Sie diese persönlich, wenn die Leute etwas Negatives über Sie schreiben?
Natürlich lese ich mir die Kritik auch durch. Und es gibt auch immer Leute, die nicht mit allem einverstanden sind oder z.B., dass sie einen nicht ausstehen können, aber das muss ich hinnehmen. Es ist auch nicht mein Ziel everybodys Darling zu sein. Das kann man auch gar nicht schaffen.
 
Könnten Sie sich auch privat vorstellen in einer Straße wie die Lindenstraße zu leben?
Ich habe es nie erlebt, dass es einen derartigen Kontakt unter den Nachbarn wie in der Lindenstraße gibt. In welcher Straße ich auch gelebt habe, denn ich bin schon sehr oft umgezogen. Aber da ist dann wohl auch wieder der Unterschied zwischen Marianne und Isolde, denn ganz so einfach gehe ich dann doch nicht auf die Leute zu.
 
Was ist Ihr privater größter Wunsch oder Traum?
120 Jahre alt zu werden in völliger Gesundheit.
 
Was machen Sie, wenn Sie nicht für die Lindenstraße vor der Kamera stehen?
Ich lese viel und mache auch Buchlesungen, ich gehe in ein Sportstudio, gebe Chansonabende, ich arbeite viel im Rundfunk und ich habe eine Sprechrolle in der Kölner Oper "Orpheus in der Unterwelt", wo die Premiere im Oktober 2005 sein wird. Außerdem schreibe ich und versuche mir auch auszudenken, was aus meinem, im Kopf herumspukenden, Projekt "Ommi & Kleid" wird.
 
Ommi & Kleid? Was ist das für ein Projekt?
Ich möchte Mode für ältere Frauen machen, wenn sie mal Ommis sind. Die können jeden Alters sein, denn heut zu Tage kann man ja schon unter 50 Ommi sein. Ich hoffe Sie assoziieren den Namen mit dem Filmtitel "Bonnie & Clyde", mein Projekt würde dann eben "Ommi & Kleid" heißen und das würde ich noch gerne realisieren. Dazu bräuchte ich allerdings Geld, das ich nicht habe. Diesen Namen habe ich auch schon schützen lassen. Ich kann zwar weder zeichnen noch nähen, aber ich träume davon eine Kollektion zu machen.
 
Mein Traum ist es eine große Boutique zu haben, in der es dann auch mehrere Tischchen gibt, wo man sich setzen und ein Käffchen trinken kann und wo vielleicht irgendjemand Modelle vorführt, bei der figürliche Schwächen etc. berücksichtigt werden. Ich erlebe immer wieder, dass Frauen, die nicht so schlank sind, dann sagen: "Hier brauche ich gar nicht zu gucken, das gibt’s für uns ja sowieso nicht in großen Größen." Und ich möchte einfach für Frauen, die nicht wie genormt sind, schöne Mode machen.
 
Ende des letzten Jahres haben Sie Ihr Buch "Katzen für Unicef" herausgebracht, in dem über 200 Prominente Zeichnungen, Cartoons und Texte zum Thema "Katzen" angefertigt haben. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Als Schauspielschülerin half ich gelegentlich Malern in einer Galerie und erbat mir zur Belohnung Katzenzeichnungen in ein Büchlein, das irgendwann verschwand. Anlässlich einer Vernissage erinnerte ich mich dessen und mir kam die Idee, wieder mit einer Katzensammlung zu beginnen und sie Kindern zu schenken. Das lag nahe, da ich mich seit 1985 für Unicef einsetze.
 
Mein Blick für so genannte "Promis" veränderte sich: In jedem sah ich erstmal einen potentiellen Katzenmaler. Aber auch als ich in "Die Woche" las, dass es einen New Yorker Cats-Fan gibt, der das Musical 703 mal gesehen hatte und seine Lieblinge auch zeichnete, beschloss ich, dass er unbedingt dazu gehören musste. Mit Hilfe eines liebenswürdigen Postboten, der Hector Montalvo in der 57th Street ausfindig machte, bekam ich wunderschöne Zeichnungen.
 
Es war ein spannendes Sammeln, Menschen, Orte und Anlässe waren so verschieden wie die Art der Begegnungen. Da ich durch den "guten Zweck" geschützt war, bin ich einfach auf die Leute zugegangen, selbst vier Bodyguards um Kevin Costner waren für mich kein Hindernis.
 
Bei diesem Projekt entstanden auch Freundschaften.
 
Wie war die Resonanz auf Ihr Buch?
Sehr gut und ich hoffe, das bleibt auch so.

 

Steckbrief:
 
Geburtstag:
[Marianne Rogée lacht]: Trägt das zur Wahrheitsfindung bei? Ich bin ein Fisch. Meine beiden Lieblingsmaskenbilderinnen sind auch beide Fisch und sie sind auch beide Februrar-Fische. Und wenn wir jetzt alle zusammen in einem Raum sind und jemand anders kommt rein, der auch Fisch ist, und sagt dann: "Alle drei sind Fisch? Ich bin auch Fisch." Und wir sagen dann: "Ja? Im Februar oder im März?" Und er: "Nein, im März." Und wir: "Buäah."
 
Geburtsort:
Münster
 
Wohnort:
Köln. Aber ich habe auch schon in München gewohnt, in Frankfurt, Dortmund, in Stuttgart... ich bin sehr viel umgezogen.
 
Größe:
1,65 m
 
Lieblingsstar:
Meine Lieblingsschauspieler waren Jean Maria Volonte und Marcello Mastroiani. Die sind ja schon gestorben. Und Lino Ventura. Ich bin auch ein großer Lino Ventura Fan. Ich durfte sogar einmal die Geliebte in seinem letzten Film synchronisieren und habe mir zum Üben einen Videorekorder gekauft, da ich nicht so gut im Synchronisieren bin. Dann habe ich sehr lange geübt, damit ich diese Synchronrolle auch wirklich kriege. Denn ich habe gedacht: "Wenn Du auch nicht die Möglichkeit hast Lino Ventura nahe zu kommen, aber im Film umarmt er ja seine Geliebte. Also die größtmögliche Nähe, die sich noch zu Lino herstellen ließ. Und dann habe ich diese Synchronrolle auch bekommen und wurde von Lino Ventura im Film "umarmt". So haben sich zwar nur die Stimmen umarmt, aber mehr als nichts.
 
Lieblingsfilm:
Auch da habe ich so viele, so dass ich das wirklich nicht sagen kann. Ich liebe zum Beispiel die Filme von Stan Laurel und Oliver Hardy, den Film "Blues Brothers" habe ich auch bestimmt schon fünf Mal geguckt. Woody Allen liebe ich auch. Aber ich könnte jetzt nicht sagen: "Das ist mein Lieblingsfilm." Denn ich weiß ja nicht, was morgen für ein Film herauskommt und dann habe ich vielleicht einen ganz anderen Lieblingsfilm.
 
Lieblingsserie:
Das ist keine Serie, aber das Liebste, was ich im Augenblick gucke, das ist Dittsche. Das liebe ich. Aber was ich auch geliebt habe ist zum Beispiel "Sex and the City".
 
Lieblingsbuch:
"Du hast das Leben noch vor Dir" von Romain Gary. Das Buch habe ich auch bestimmt schon 20 Mal verschenkt. Und wenn ich dann manche Leute gefragt habe und wissen wollte, wie sie denn das Buch finden und diese gar nichts damit anfangen können, habe ich immer den Wunsch das Buch da zu klauen, weil ich dann denke, dass es dort dann auch nichts verloren hat.
 
Lieblingsessen:
Vieles.
 
Was mögen Sie gar nicht gerne essen?
Ich esse kein Kalbsfleisch.
 
Lieblingsgetränk:
Wasser.
 
Lieblingsstadt:
Ich habe zwei Lieblingsstädte: Venedig und New York.
 
Lieblingsland:
Griechenland
 
Lieblingsfreizeitbeschäftigung:
Lesen.
 
Was geht Ihnen auf die Nerven?
Wichtigtuer.
 
Welche Eigenschaften sollten Ihre Freunde haben?
Aufrichtigkeit.
 
Gibt es etwas, was Sie den Lindenstraße-Fans noch sagen möchten?
[Marianne Rogée lacht]: Da kann man ja eigentlich nur sagen: "Uns treu bleiben!"

 

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